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DaF-Studentin erhält DAAD-Preis

23.11.2023

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Die 22-jährige armenische DaF-Studentin Ani Nersesyan wurde mit dem „DAAD-Preis für ausländische Studierende mit hervorragenden Studienleistungen und sozialem Engagement“ ausgezeichnet. Den mit 1.000 Euro dotierten Preis erhielt sie am 23. November 2023 im International Office der LMU.

Dass die gebürtige Armenierin nach dem Abitur in der Hauptstadt Eriwan zum Studieren nach Deutschland wollte, lag auch an ihrer älteren Schwester, die damals bereits an der LMU studierte. „Aber zwischen Abiturprüfungen in Armenien und dem Semesterbeginn in Deutschland blieb mir nur ein Jahr, in dem ich zudem an einer russisch-armenischen Universität Journalismus studierte“, erinnert sich Ani Nersesyan. „Und ich konnte kein Wort Deutsch. Das war schon sportlich.“ Wann immer möglich, lernte sie deshalb die Sprache, belegte Kurse am Goethe-Institut in Eriwan – und durchlebte zugleich die schlimmste Zeit ihres Lebens.

Kommilitonen im Krieg

Denn in ihrem zweiten Semester hatte der Krieg mit dem Nachbarland Aserbaidschan begonnen. Als Fachschaftsmitglied sammelte Nersesyan Hilfsmittel für die Soldaten, packte Lebensmittel, Kleider und Hygieneprodukte und schickte sie an die Grenze. „Leider sind in diesem Krieg sechs meiner Freunde als Soldaten ums Leben gekommen“, sagt Nersesyan. „Das war für mich eine sehr, sehr, sehr schwere Zeit.“

Zu dem Trauma kam die COVID-Pandemie, wegen der sich auch der geplante Umzug nach Deutschland etwas verzögerte. Im November 2020, zwischen zwei Lockdowns, kam Nersesyan endlich in München an. Unterstützt von ihrer Schwester fasste sie langsam Fuß, begann ein Bachelorstudium in Deutsch als Fremdsprache (DaF) an der LMU, lebte sich in ihrem Studierendenwohnheim ein und organisierte schon bald Deutschkurse für geflüchtete Studierende am DaF-Institut.

Dazu wurde sie in ihrem Wohnheim – einer Einrichtung des Studierendenwerks – zu einer von drei Wohnheimsprecherinnen gewählt. In dieser Funktion unterstützt sie ausländische Kommilitonen bei der Kommunikation mit Behörden, dem Studierendenwerk oder auch dem Hausmeister.

Eine andere wichtige Aufgabe ist das Organisieren von Neueinzügler-Führungen, Versammlungen oder „Barbecue-Events“. Auf einem solchen Grillabend erzählten ausländische Studierende, dass es ihnen gerade an Alltagsdeutsch mangle. Also initiierte Nersesyan einen zwanglosen Deutsch-Konversationskurs in einem Gemeinschaftsraum des Wohnheims. Die einzige Regel dort ist, Deutsch zu sprechen. „Englisch wird nicht akzeptiert.“

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Die Vizepräsidentin für die Bereiche Internationales und Diversity, Prof. Dr. Francesca

Biagini, gratuliert der Preisträgerin

Brücke zu den Dozierenden

Seit dem dritten Semester ist Ani Nersesyan zudem Sprecherin der DaF-Fachschaft. „Da wir mit rund 60 Studierenden nur ein sehr kleiner Bereich sind und ein sehr gutes kleines Team von sechs Leuten haben, ist die Verantwortung nicht allzu groß“, findet Nersesyan. Zu Semesterbeginn und -ende allerdings gilt es, „kleine Events für die Erstis“ zu organisieren, eine Tour durch die Fachbibliothek Philologicum etwa oder Stände, um für die Fachschaft zu werben.

Unterm Semester vermittelt Nersesyan zwischen Dozierenden und Studierenden – etwa, wenn Letztere den Eindruck haben, dass Noten nicht fair vergeben werden, der Workload zu hoch ist oder virtuelles Lernmaterial nicht freigeschaltet wurde. „Wir sind die Brücke zwischen Studierenden und Dozierenden“, so Nersesyan. „Das ist am Ende, wenn wir eine Lösung gefunden haben, ein sehr gutes Gefühl.“

Um sich neben ihren Ehrenämtern selbst zu finanzieren – und obendrein ihre Mutter in Armenien zu unterstützen –, arbeitet die 22-Jährige bei einer Personaldienstleistungsfirma. In der Zukunft kann Nersesyan sich – neben Journalismus und DaF – auch eine Laufbahn im Personalwesen vorstellen.

Kurzgeschichte über den Krieg

In ihrer Freizeit schreibt und malt die Armenierin gerne. Mit ihrer Kurzgeschichte „Die vielstimmige Stille Armeniens“ belegte sie jüngst den ersten Platz unter den Bewerbern aus Deutschland des in Italien vergebenen Literaturpreises Energheia. In der halb fiktiven, halb wahren Geschichte erzählt sie von Schönheit, Geschichte und Kultur ihres Heimatlandes, aber auch von den Auswirkungen des Militärkonflikts mit Aserbaidschan. Sie sei sehr stolz, dass gerade diese Geschichte prämiert wurde – weil sie Menschen in Deutschland und Italien so auf die Situation in Armenien aufmerksam machen konnte.


Ihre Münchner Freunde fragten immer: Wie schaffst du es, so viel hinzukriegen? „Aber meine Motivation ist wohl, dass ich den Unterschied zwischen meinen Möglichkeiten hier und in Armenien immer vor Augen habe.“ Die Chance, etwas zu erreichen, etwas Vernünftiges zu tun mit ihrer Zeit, will sie nicht vertun. „Jede Lücke, die ich sinnvoll füllen kann, will ich auch schließen.“


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